Donnerstag, März 30, 2006

Wieder ein schwarzes Loch

Normalerweise passiert es, wenn ich PMS habe, aber manchmal gibt es auch einen konkreten Anlass. In diesem Fall eine Kombination aus Laryngitis, Regenwetter und mehreren ausgeschlafenen Nächten.

Eigentlich sollte es mir gut gehen, wenn ich genug geschlafen habe, aber mein Körper schaltet scheinbar gerade in den Regenerations-Modus. Das wäre ja eine gute Sache, wenn ich mich nicht fühlen würde wie schlafwandelnd mit Watte im Hirn. Und der Antriebsenergie eines Schälchen Wackelpuddings.

Gestern habe ich schon einen Susanne-Neustart versucht. Habe mein Flylady-Armband angelegt, meine Turnschuhe angezogen, mich geschminkt und den Haushalt wieder in einen annehmbaren Zustand versetzt. Habe, um mich besser zu fühlen, Bücher bestellt und eine Handtasche.

Es hat alles nicht geholfen. Ich bin schwach, ich bin matt und ich langweile mich. Ich! Ich langweile mich nie! Außer scheinbar, wenn ich nicht singen kann.

Dann habe ich mir den Spruch zu Herzen genommen, den meine Schwester immer unter ihre E-Mails setzt: "Der einzige Weg eine Versuchung loszuwerden, ist, ihr nachzugeben." Und habe eine ganze Tüte Gummibärchen gegessen. Aber irgendwie fühle ich mich immer noch nicht besser.

Und das ist der Zustand, den ich das schwarze Loch oder den Sog nenne. Manchmal, wenn ich mich so fühle, recherchiere ich im Internet um herauszufinden, ob ich jetzt offiziell depressiv bin. Manchmal, wenn ich mich so fühle, schaue ich einfach in den Kalender und stelle erleichtert fest, dass es sich nur um PMS handelt. Manchmal lege ich mich ins Bett und warte darauf, dass es vorbeigeht.

Früher war das meine Lieblingstaktik. Jedes Mal, wenn ich enthusiastisch etwa einhundert neue Projekte angefangen hatte, permanent in der Gegend herumgesaust war und das alles praktisch ohne Schlaf, stürzte ich hinterher unweigerlich in den Strudel. Manchmal nur ein paar Tage, manchmal für Wochen, und ich habe das Gefühl, dass das ganz Jahr 1993 im Strudel verschwunden ist.

Danach tauche ich wieder auf, optimistisch und einige Kilo schwerer und denke, dieses Mal habe ich mein Leben aber im Griff, und ich werde nie wieder abstürzen. Ha!

Ich versuche zu lernen, älter und weiser zu werden (okay, älter werde ich von alleine), und ein Leben zu führen, dass sich auch langfristig durchhalten lässt, aber leicht fällt mir das nicht.

Und ich weiß immer noch nicht so recht, was man tut, wenn es einen in den Strudel zieht. Fressanfälle funktionieren nicht, das habe ich lange genug ausprobiert. Dinge, die einem sonst Spaß machen, funktionieren ganz gut, machen aber nur wenig Spaß.

Vielleicht doch abwarten.

Montag, März 27, 2006

Stumm

Das kommt davon, wenn man viel zu wenig schläft, dann noch ausgeht und sich bei seinem Sohn ansteckt. Ich habe Laryngitis. Seit gestern darf ich nicht mehr reden. Und das Halsweh, das ich schon die ganze Woche habe, ist jetzt unerträglich.

Den ganzen gestrigen Tag habe ich rumgesessen und darauf gewartet, dass es vorbei geht. Ich hasse es, nicht reden zu können. Ich laufe rum wie ein Pantomime und habe einen Zettel in der Tasche, auf dem steht "Ich habe Laryngitis und darf nicht reden." und krächze dann trotzdem. Ohne Stimme kann ich auch nicht arbeiten. Meinen Gesangsschülerinnen musste ich schon absagen. Aber das Ganze hat auch etwas Gutes.

Ich habe mich seit zwei Tagen nicht mit meinem Sohn gestritten! Weil ich nicht reden kann! Gut, zum Teil liegt das auch daran, dass er viel bei meiner Schwiegermutter und meinem Mann war, aber nicht nur.

Ich hatte das schon vorher bemerkt: Wenn ich ihn zum Beispiel frage, ob er etwas trinken möchte, sagt er fast immer nein. Drücke ich ihm einfach seinen Becher in die Hand, trinkt er einfach. Das funktioniert natürlich nicht immer, aber ziemlich häufig. Wenn ich ihm morgens ein Halstuch umbinden will, macht er ein großes Geschrei. Lege ich das Halstuch zwischen die anderen Kleider, versucht er selber, es sich umzubinden. ("Guck mal Mama, ich kann mir selber eine Schleife binden!" Wickelt sich das Halstuch zwei Mal um den Hals, würgt sich und wundert sich, warum es nicht hält.)

Es ist offensichtlich: Ich rede zu viel. (Naja, das haben die Menschen in meiner Umgebung schon lange gewusst.) Dummerweise scheinen aber meine restlichen kommunikativen Fähigkeiten damit verknüpft zu sein. Seit ich keine Stimme mehr habe, kann ich weder Klavier spielen, noch schreiben. Ich muss mich dazu richtgehend zwingen. Als ob das alles verknüpft wäre.

Auch wenn ich sicher zu viel rede, hoffe ich sehr, dass ich meine Stimme bald wieder habe. Ich vermisse das Singen.

Donnerstag, März 23, 2006

Endlich Musik!

Nachdem ich heute viel zu müde bin, um etwas koherentes zu schreiben, verweise ich einfach auf ein paar Links, wo man mich tatsächlich singen hören kann. Es sind Songs von den zwei CDs meines Gatten. Man muss allerdings etwas Geduld mitbringen, er hat eine Vorliebe für laaaange Intros. Man muss nur eine knappe Minute lang warten, bis der Gesang einsetzt.

Die ersten drei Tracks sind von seinem Album Othersight, das wir gerade rechtzeitig beendet haben, bvor unser Sohn auf die Welt kam.

after all we had

mindscape (hier werde ich durch Magie verdoppelt - zwei Sängerinnen)

the great red spot

Die nächsten sind von seinem nächsten Album Unfold, das letztes Jahr fertig geworden ist. Fast alle Gesangsaufnahmen wurden während des Mittagsschlafes aufgenommen!

falling apart

unexpected

Der Link zu dem Song "Unfold" funktioniert leider nicht, deswegen kann man momentan meine trickreichen afrikanischen Backing Vocals nicht hören, ich füge ihn später ein.

Natürlich ist das alles von uns, und alle Rechte liegen bei Gary Winter. Genießen erlaubt, sonst nichts.

P.S.: Hier nun der Link zu Unfold mir den "trickreichen afrikanischen Backing Vocals".

Dienstag, März 21, 2006

self portrait tuesday


Dies ist mein erster "Selbstporträt-Dienstag". Ich habe die Idee von Mary Tsao. Das Thema in diesem Monat ist Zeit. Die Bilder sind alle von heute.

Es hat viel Spaß gemacht, ich habe jede Stunde ein Foto gemacht, angefangen beim Frühstück. (Ich habe auch eines nach dem Aufstehen gemacht, aber wer will das schon sehen.) Ich habe die normalen Dienstags-Dinge getan, gegessen, meinen Sohn zum Kindergarten gebracht, ihn abends mit dem Fahrrad abgeholt und mittags ein ungewöhnliches Nickerchen eingelegt.

(Hier kann man übrigens sehen, wie ich aussehe, wenn ich Blog-Einträge schreibe, das habe ich nämlich am Nachmittag gemacht und mich mal wieder über den Computer geärgert.)


Das Dings sollte mir helfen, Musik zu machen!

Wir haben neues Recording-Equipment gekauft. Dieses Mal haben wir uns für einen Computer entschieden. Bis jetzt habe ich etwa drei oder vier Wochen damit verbracht, den Computer zu dressieren, mit dem anderen Computer zu verlinken und ans Internet anzuschließen. Dann habe ich zwei Wochen damit verbracht, alle Informationen, die mein Mann braucht, einzugeben und meinem Mann beizubringen, wie man ihn benutzt (und ins Internet kommt).

So weit, so gut. (Fünf Wochen vorbei, aber was soll's.) Am Wochenende habe ich zwei Tage mit dem Versuch verbracht, zu lernen, wie man die Aufnahme-Software bedient. Und was werde ich diese Woche machen? Richtig: Ich werde weiterhin lernen, die Software zu benutzen. Mein Mann kann jetzt Sachen aufnehmen, sie aber leider hinterher nicht wieder abhören. Hm.

Ich versuche, meine Stimmung zu heben, in dem ich mir ausmale, wie einfach es später sein wird, auf meinem Computer Song-Skizzen aufzunehmen. Jederzeit, wann ich will (es sei denn, mein Mann braucht den Dongle). Aber vielleicht hätte ich doch lieber einen kleinen Kassettenrekorder mit drei Knöpfen.

...

Neh. Aber ich hätte gerne meine sechs Wochen zurück.

Samstag, März 18, 2006

Und wann kommt das zweite?

Seit mein Sohn laufen kann, sprechen mich immer wieder Menschen mit diesem Satz an. Manche davon sind mir völlig fremd. Dabei beäugen sie jedes Mal meinen Bauch. Was antwortet man darauf?

"Entschuldigung, ich bin bloß übergewichtig."

"WIE BITTE?"

"Oh, wissen Sie, nach der ersten Geburt musste leider eine Total-Operation gemacht werden, aber ich bin jetzt in psychiatrischer Behandlung."

"Was bitte geht Sie das an?"

Meine Lieblingsantwort ist: "Wissen Sie, das ist eine sehr private Frage. Und schließlich kann man Kinder nicht planen."

Früher habe ich gedacht, Menschen, die ungewollt Kinder bekommen, wären zu dumm, um richtig zu verhüten. Peinlich, ich war auch mal sicher, es könne nichts passieren - völlig ungefährlicher Tag. Dann hatte ich diese wochenlang andauernde Magen-Darm-Grippe. Nach zwei Monaten habe ich dann doch einen Schwangerschaftstest gemacht. - Positiv.

Ich kenne sogar Familien mit vier nicht so ganz geplanten Kindern. Ich kenne auch Menschen, die nichts unversucht gelassen haben, weil sie sich so sehr ein Kind wünschen und bei denen es nicht geklappt hat.

Ich ärgere mich jedes Mal über diese indiskrete Frage. Und darüber, dass natürlich davon ausgegangen wird, dass man nur mit zwei Kindern komplett ist. Als wenn man sie immer im Doppelpack kaufen müsste. Wenn man schon eins hat, braucht man noch eines, um sein Set zu komplettieren.

Die Wahrheit antworte ich eher selten, das Ganze ist nämlich eine eher heikle Geschichte:

Ich wollte nämlich unbedingt ein zweites Kind. Wollte bloß einen “vernünftigen” Abstand von etwa zwei bis drei Jahren. Aber mein Mann will nicht! Er hat sehr viele sehr gute Gründe gegen ein zweites Kind. (“Dann können wir die Musik vergessen.” “Ich bin zu alt, das packe ich nicht mehr.”). Ich habe sehr viele gute Gründe für ein zweites Kind. (“Ich mag keine Einzelkinder.” “Es wäre doch so nett, noch einmal ein Baby zu haben.”) Meine Gründe sind zum größten Teil völlig hormongesteuert. Und seine vernunftgesteuert.

Eine eindeutige Patt-Situation. Wir beide haben diesen Konflikt so gelöst, dass wir das als Entscheidung mit Veto-Recht betrachten und die Verhütungsmethode wechseln, so dass ich eine vierprozentige Chance auf die Erfüllung meines Kinderwunsches behalte.

Und dann habe ich Anfang des Jahres gedacht, ich wäre vielleicht schwanger. Und anstatt mich riesig zu freuen, war ich ganz schön geschockt. Das süße und friedlich schlafende Baby in meinem Traum wurde sofort durch Szenen aus dem realen Leben ersetzt, in denen ich versuche, zu schlafen, während das Baby in meinen Armen aus vollem Halse brüllt. (Ist ehrlich so passiert!) Und ich habe nachgedacht, warum ich eigentlich so unbedingt noch ein zweites Kind möchte:

1. Natürlich braucht ein Kind Geschwister, weil jeder weiß, dass Einzelkinder merkwürdig sind.
2. Beim zweiten Mal mache ich alles richtig und werde endlich die perfekte Mutter mit dem perfekten Kind.
3. Dieses Mal schaffe ich auch die perfekte Geburt.
4. Und so weiter…

Tja, das war doch reichlich ernüchternd. Natürlich sind Einzelkinder nicht merkwürdig und im wirklichen Leben macht man beim zweiten Kind dann eben andere Fehler. Und es gibt Dinge, die nicht in meiner Hand liegen.

Ich bin dankbar für das, was ich habe und froh, dass die Anspannung aus dieser Frage raus ist. Wie es kommt, ist es gut.



(Aber die Babysachen habe ich noch nicht weggegeben.)

Montag, März 13, 2006

Und was ist ein echter Musiker?

Und was ist nun ein "echter Musiker"? Unterscheiden muss man ihn (oder sie) natürlich von Möchtegern-Musikern. Was wir alle von echten Musikern (und echten Künstlern) wissen ist:

• sie gehen immer ihren künstlerischen Weg, komme was wolle
• sie machen den ganzen Tag nur Musik
• sie sind leidenschaftlich, dramatisch und chaotisch
• sie kümmern sich niemals um Dinge wie Hausarbeit, Wäsche oder Finanzen

Okay, ich habe verloren. Aber halt! Abgesehen davon, was alle Leute wissen, schaut das Leben echter und offizieller Künstler teilweise durchaus anders aus. Von Musikern weiß ich es nicht so (die wenigsten Musiker schreiben schließlich Blogs), aber bei Schriftstellern sieht es so aus, als ob sie sich auch die Zeit zum Schreiben aus den Rippen schnitzen müssten. Auch Leute wie Neil Gaiman, C.J. Cherryh oder Caitlín Kiernan. Ich liebe Künstler-Blogs, da merkt man doch, dass auch andere Leute Schwierigkeiten haben, am selben Tag die Steuererklärung zu machen und ihren Roman weiter zu schreiben. Und das mit dem Schreiben macht wenigstens keinen Lärm. Man kann ja unterwegs im Flugzeug schreiben (wenn auch nicht sehr bequem), aber Singen ist da schon schwieriger.

Also habe ich "Der Weg des Künstlers" gelesen und war ganz erleichtert, dass es auch andere echte Künstler gibt, die selbständig Wäsche waschen können. Dass ein Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung nicht nur ein Anzeichen von drastischer Verspießerung sein muss, sondern dass ein bisschen Ruhe zu Hause der Kunstproduktion durchaus zuträglich ist.

Und was passiert? Meine Mutter sagt über ein paar Bekannte: "Die sind ziemlich unorganisiert, das sind eben Künstler." Ich: "Aber Mama, ich bin auch Künstlerin, und ich kriege meine Termine trotzdem auf die Reihe." Kurze Pause, in der ich mich fühle wie mein Sohn, wenn ich ihm sage "Aber natürlich bist Du ein Feuerwehrmann!"

Und sie dann: "Aber Du bist doch praktisch veranlagt!"

Es ist doch schön, wenn man eine Mutter hat, die sich im Leben so gut auskennt.

Sonntag, März 12, 2006

Wo bleibt mein "Jetzt bist Du eine echte Musikerin"-Abzeichen?

Ich denke, jeder Musiker kommt immer mal wieder an den Punkt, wo er sich nicht ganz sicher ist, mit welchem Recht er sich Musiker nennt. Sogar “richtige” Musiker wie Amanda von den Dresden Dolls. Ich zumindest hoffe jetzt schon seit ich ein Teenager war darauf, endlich meine offizielle Künstler-Erlaubnis zu bekommen. - Ohne Erfolg.

Vielleicht sollte ich mir die Bescheinigung über mein abgeschlossenes Musikpädagogik-Studium an die Wand hängen ... Aber denselben Abschluss hat zum Beispiel auch eine Freundin von mir, die letztens sagte: "...aber ich bin ja auch keine richtige Musikerin, nicht so wie Du."

Okay, ist das jetzt die Musiker-Erlaubnis? Und wie lange hält sie vor? Wenn ich jetzt nicht auftrete, zu wenig übe und seit einem halben Jahr nichts mehr komponiert habe, bin ich dann eine Musikerin, die gerade nicht so kreativ ist, oder bin ich nur ein Möchtegern?

Ich habe meinen Mann gefragt, woran ich den Unterschied erkenne, und er gab mir die einleuchtende Antwort: Du bist Musikerin, wenn Du Musik machst und Komponistin, wenn Du komponierst. Super! Wie lange halten jetzt meine zweieinhalb Songs? Zumal ich ja etwas spät angefangen habe.

Wenn ich also jetzt schon ein oder zwei eigene CDs hätte, dann wäre das gerade noch so die Babypause. Wenn man aber die ersten Songs in der chaotischen Kleinkindphase komponiert und dann ein dreiviertel Jahr Pause macht, weil man festgestellt hat, dass man zu alledem auch noch besser Klavier spielen können muss, damit die Songs so werden können, wie man sich das vorstellt und nicht ausschließlich so klingen, wie Björks Stück für Stimme und Piano auf “Medulla”, dann ist das irgendwie pathetisch. Ich würde ja sagen, ich melde mich erst wieder, wenn der nächste Song fertig ist, aber das könnte etwas länger dauern ...

(P.S.: Nachdem ich das hier geschrieben hatte - es ist schon ein paar Tage alt - habe ich doch glatt einen neuen Song angefangen. Bin ganz aufgeregt!)

Dienstag, März 07, 2006

Work-Life Balance

Gestern habe ich eine Stunde damit verbracht, einen Post zum Thema work-life balance auf BlogHer zu verfolgen. Ich hatte sogar schon angefangen, einen Kommentar dazu zu schreiben, habe ihn aber nicht veröffentlicht, weil er meine Lebensgeschichte der letzten zwanzig Jahre enthalten hätte. (Vielleicht ein bißchen viel für einen einfachen Kommentar zu einem Blog.) Und ich veröffentliche die Geschichte jetzt auch nicht hier; aber was mich nicht mehr losgelassen hat, was das Wort "Work-Life Balance". Was für ein Wort! (Und es ist so schick und zeitgemäß, daß es auf Deutsch auch "Work-Life Balance" heißt.)

Dieses Wort impliziert, daß Arbeit kein Bestandteil des Lebens ist. Süß! Und das stresst einen auch irgendwie. Denn während man Stunden um Stunden bei der Arbeit verbringt, hat man das Gefühl, nicht zu leben. Obwohl man es tut. Es mag nicht das Leben sein, das man sich vorstellt, aber das einzige, das man hat.

Man lebt sogar, während man Hausarbeit macht - sogar, während man die Toilette putzt. Mein schönster Moment des gestrigen Tages zum Beispiel war das Aufhängen der Wäsche mit meinem Sohn. Wir hatten ziemlichen Spaß, und es war eine sehr befriedigende Arbeit.

In meinem Leben sind die Grenzen zwischen Arbeit und dem Rest meines Lebens sowieso nicht besonders klar. Unterrichten ist natürlich Arbeit, weil ich dafür bezahlt werde. Songs zu transkribieren oder neue zu lernen, ist Teil der Arbeit, aber ich bekomme dafür kein Geld. Üben ist Arbeit (kein Geld), Songs schreiben ist Arbeit (kein Geld). Hausarbeit ist - nicht ganz Arbeit. Wenn ich keine Musikerin wäre, wären Klavierspielen und Singen Freizeitaktivitäten.

Ich hatte vor einigen Wochen eine Erleuchtung, als ich wegen Geld etwas deprimiert war und mir der Unterricht auf die Nerven ging. Ich dachte darüber nach, wie sich mein Leben ändern würde, wenn ich genug Geld hätte, um alles zu tun, was ich will.

Denn darum geht es ja bei dem Begriff "Work-Life Balance", daß "Arbeit" etwas ist, das man nur tut, weil man Geld verdienen muß. (Und Leben ist etwas, das man am Wochenende und im Urlaub tut.)

Zuerst dachte ich an die Dinge, die man mit Geld in Ordnung bringen kann: den Kredit abzahlen, eine neue Küche kaufen, einen Konzertflügel ... Aber dann ist mir aufgefallen, daß ich zwar vielleicht nicht jeden meiner Schüler behalten würde, aber daß ich nicht ganz damit aufhören würde. Ich unterrichte gerne. Wenn ich alles Geld der Welt hätte, würde mein Leben sich nicht wesentlich ändern. Zumindest denke ich das jetzt.

Stell' Dir vor, Du denkst über Dein Leben nach und hast das Gefühl, es ist fast genauso, wie Du es Dir wünschst...

Ich war ein bißchen geschockt, aber ziemlich glücklich.

Mittwoch, März 01, 2006

Zitat des Tages

"How did you think of that?

Here's what you do. You live as ethical and courageous a life as you possibly can for fifteen years, writing songs all the while, and spending a lot of time making sure you work very hard to keep your creative spirit alive as well as your desire to communicate. Then you go over to a relatively comfortable chair and start writing."

(Harriet Schock: Becoming remarkable, S. 61)
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