Sonntag, Februar 25, 2007

Wie man sein Kind nicht zu einem schlechten Esser macht

Wisst ihr, ich schreibe diese Überschriften nur, damit viele, viele Leute mich durch Suchmaschinen finden. Weil ich ganz genau weiß, dass es keine narrensichere Methode für irgend etwas Kindererziehung betreffendes gibt. Auf der anderen Seite bin ich es ein bisschen müde, all diese Mutter sagen zu hören: "Aber sie mag gar nichts. Wenn ich ihr nicht ausschließlich [hier Nahrungsmittel deiner Wahl einfügen] wird sie sicher verhungern."

Was ich sehr stark bezweifle. Die meisten Kinder haben genug Überlebensinstinkt, dass sie nicht vor einem vollen Teller verhungern. Wie die weise Moxie immer sagt, ist Essen eine der wenigen Sachen, die Kinder selber kontrollieren können. Je wichtiger es für dich ist, desto wahrscheinlicher hast du einen Machtkampf. Also erzähle ich jetzt, was wir gemacht haben. Und unser Sohn ist absolut alles. Als er etwa neun Monate alt war, fingen wir an, ihm etwas von dem Essen zu geben, das wir essen. Als er älter war als ein Jahr, bekam er alles, was wir essen. Wir haben genauso weiter gekocht, wie vorher, haben allerdings herausgefunden, dass sehr scharfes Essen für seinen wunden Po verantwortlich war und haben die Schärfe etwas reduziert.

Wir machen folgendes: Wir setzen uns zum Essen hin und jeder bekommt einen Teller mit der Mahlzeit des Tages. Mit allem davon. Dann isst mein Sohn. Wenn klar ist, dass er fertig ist, wird der Rest weggeworfen. Falls er sich dazu entschließt, nicht zu essen, ist das auch in Ordnung. Aber das war's dann. Nichts anderes und nichts zu essen bis zur nächsten Zwischenmahlzeit. Basta. Wenn er beschließt, dass er keinen Spargel möchte, dann muss er eben nur Kartoffeln essen. Das nächste Mal, wenn wir Spargel haben, wird wieder Spargel auf seinem Teller sein. Interessanterweise beschließt er dann oft, genau das Essen, das er vorher verschmäht hat, zu essen und dieses Mal die Kartoffeln links liegen zu lassen.

Es hilft auch, dass wir alles essen. Wir alle wissen, dass Kinder mehr durch Imitation als durch Reden lernen, oder? Und ich muss vielleicht dazu anmerken, dass ich als Kind ein sehr heikler Esser war. Und um ehrlich zu sein, mag ich immer noch keine Erdbeeren und rohen Tomaten. Obwohl ich dagegen nicht allergisch bin. Wenn ich also zu Hause bin, esse ich sie nicht - meistens. Wenn ich bei jemand anderem bin und derjenige mir Erdbeerkuchen anbietet, sage ich danke, lächele und esse Erdbeerkuchen. Ich komme aus einer Familie heikler Esser. Mein Vater isst nicht: Reis, Nudeln, Geflügel, Fisch, Innereien und mit Käse überbackene Aufläufe. Meine Mutter mag keine breiigen Speisen, Hülsenfrüchte, alles was einen starken Geschmack hat (wie Brie) oder das würzig oder scharf ist. Meine Schwester ist Vegetarierin und isst keine Auberginen, Paprika, Pilze, Zucchini und noch einiges anderes. Zusätzlich zu den Erdbeeren und rohen Tomaten war auch ich zwischen meinem 18. und 29. Lebensjahr Vegetarierin und mochte keinen Sellerie.

Stellt euch mal vor, ihr müsstet für diese Familie kochen. Man kocht etwas wie Spaghetti bolognese und es endet damit, dass man noch Kartoffeln für meinen Vater macht und die beiden Kinder dann Nudeln mit Ketchup essen. Oder man macht etwas wie Bohnensuppe und hat drei Leute, die Bohnensuppe essen (vegetarische Bohnensuppe) und eine Person, die Reste von gestern isst. Mein Vater mag nicht gerne vegetarisch essen, wenn meine Mutter Fisch wollte, musste sie für den Rest der Familie etwas anderes kochen, es konnte einem den Spaß am Kochen restlos nehmen. Interessanterweise essen auch die Leute, die bestimmte Nahrungsmittel nicht mögen, sie oft, wenn sie anderes zubereitet werden. Diejenige, die keine Paprika mag, isst Gemüsekuchen mit Paprika; der, der kein Huhn mag, isst in Indien jeden Tag Tandoori-Huhn, das ist alles sehr mysteriös. Und jeder einzelne von ihnen wird auf jeden Fall alles probieren, was mein Mann gekocht hat, weil er ein so fabelhafter Koch ist.

Als ich nach Bayern gezogen bin und anfing, alleine zu leben, hatte ich das Gefühl von kulinarischem Abenteuer. Neue Nudelsorten! Auberginen! Griechischer Schafskäse! Französischer Käse! Wow! Dann fuhren wir im Urlaub nach Italien, die ganze Familie und alles war so unglaublich lecker, dass ich es aufgab, Vegetarierin zu sein und wieder Fleisch und Fisch aß. Man muss sich nur mal vorstellen, von der gesamten Speisekarte wählen zu können! Wenn man in ein traditionelles deutsches Restaurant geht und Vegetarier ist, hat man nur ungefähr zwei oder drei Dinge zur Auswahl: Gemüse mit Spiegelei, Kasspatzen und Semmelknödel mit Pilzen (nicht streng vegetarisch, weil es mit Brühe gemacht wird). Vor allem in Bayern findet man auch immer wieder Schinkenstücke im Gemüse, weil es ansonsten nicht genießbar zu sein scheint. Nach zehn Jahren mit dieser Auswahl fing ich an, wirklich alles zu essen. Ich kostete Gerichte, die ich noch nie zuvor gegessen hatte, Meeresfrüchte, exotische Gemüse (Knoblauch!), Käse aus aller Welt, italienische Salami, Kichererbsen, indisches Essen, griechisches Essen, thailändisches Essen... Fantastisch.

Mein Mann ist nicht nur ein fabelhafter Koch, er kommt auch aus einer Familie, in der es keine schlechten Esser gibt. Keine. Basta. Also beschlossen wir, unseren Sohn zu einem guten Esser zu machen. Bis jetzt hatten wir damit Erfolg, aber ich habe auch herausgefunden, wie das mit dem schlecht-Essen Ding hätte laufen können. Als er anfing, das Gleiche zu essen wie wir, gab es oft Dinge, die ihm offensichtlich nicht schmeckten. Er ließ alle Zwiebeln auf seinem Teller liegen, er aß die Paprikaschale nicht mit, er mochte keinen Spargel. Und ich fing an, in Panik zu geraten: "Oh, er mag keine Zwiebeln!" Aber ich hörte nicht auf, ihm Zwiebeln zu essen zu geben. Außerdem versuchten wir, ihm alle Lebensmittel zu geben, die wir uns nur vorstellen konnten, weil ich gelesen hatte, dass alle Kinder zwischen 3 und 8 Jahren heikel mit dem Essen werden. Und genau im Laufe des letzten Jahres hat er angefangen zu sagen, er möge dieses oder jenes nicht und würde es nicht essen. Das hat sich sogar noch etwas verstärkt, seit er im Kindergarten zu Mittag isst, weil es dort eigentlich nur deutsche Hausmannskost gibt. Und Spaghetti bolognese. Aber da wir ihm immer mit: "Wenn du möchtest kannst du gerne hungrig bleiben." antworten, isst er einfach. Manchmal isst er seine Kartoffeln nicht, manchmal isst er das Fleisch nicht, manchmal isst er zuerst das ganze Fleisch und will noch mehr haben, manchmal isst er nur Kartoffeln... Alles in allem ist seine Ernährung ziemlich ausgewogen. Manchmal isst er nur ein oder zwei Bissen, manchmal isst er mehr als ich. Offensichtlich sind seine Bedürfnisse nicht konstant.

Wenn wir im Restaurant essen, bekommt er auch etwas von uns ab. Er kann sich vielleicht aussuchen, was er haben möchte, aber er kann sich kein bestimmtes Gericht aussuchen. Wir müssen für ihn nichts extra bestellen, weil Restaurantportionen sowieso immer zu groß sind und er nicht besonders viel isst. Mir ist auch aufgefallen, dass ihm andere Leute oft suggerieren, dass bestimmte Dinge für ein Kind nicht passend sind. Etwa: "Was? Du isst FISCH!" oder "Und wenn ihr ins indische Lokal geht, was isst DU dann?" Tja, das Gleiche, das indische Kinder auch essen, würde ich sagen. Wenn es zu scharf ist, bekommt er etwas Joghurt hineingerührt und etwas mehr Reis dazu. Mein Mann und ich sind ein bisschen neidisch auf ihn, weil unsere Kindheit keine Oliven, ausländische Käsesorten oder auch nur chinesisches Essen aufzuweisen hatte. Als wir Kinder waren, galten Nudeln und Pizza noch als exotisch.

Man kann natürlich denken, dass ich nur Glück habe und vielleicht stimmt das sogar, aber ich habe daraus nie einen Machtkampf gemacht und ich glaube, dass das entscheidend war. Man könnte auch meinen, dass ich das nicht gemacht hätte, wenn mein Kind untergewichtig wäre, aber das stimmt so nicht. Ich habe letztens herausgefunden, dass mein Kind nach US-Standards bedenklich untergewichtig wäre. Nach deutschen Maßstäben ist er eher leicht, ohne dass man sich sorgen machen müsste. Meine Mutter denkt, er sollte zunehmen, weil man seine Rippen sehen kann. Ich denke, er ist so wie ich und wie mein Schwager, ein dünnes Kind. Nachdem er gesund, aufgeweckt und aktiv ist und sich gut entwickelt, mache ich mir da keine Gedanken.

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Donnerstag, Februar 15, 2007

Smalltalk und die Gefahren des Älterwerdens

Ich wollte schon seit einer ganzen Weile über Smalltalk schreiben. Darüber nachgedacht habe ich schon seit einer geraumen Weile. Anlass dazu war die Frage: Warum gibt es Unterhaltungen, die ich genieße und andere, die ich extrem langweilig finde, und was macht den Unterschied zwischen den einen und den anderen aus?

Ich hatte die ganze Zeit vorgehabt, etwa so anzufangen: Ich kann Smalltalk nicht leiden. Ich dachte, es ginge um oberflächliche Themen. Ich war stolz darauf, tiefschürfend, nachdenklich und philosophisch zu sein und somit über die üblichen Party-Gespräche erhaben. Jeder, der dieses Blog gelesen hat, kann bezeugen, dass diese Annahme leider falsch ist. Dann dachte ich, es handelt sich um eine Muggel contra Künstler Sache. Natürlich bin ich über all diese oberflächlichen und unkreativen Leute erhaben. Wie toll ich doch bin. Ich bin so wahnsinnig entwickelt, dass ich mit gewöhnlichen Menschen nichts mehr gemein habe. Äh.

Ich hatte angefangen, über dass ganze Thema nachzudenken, als mir klar wurde, dass ich nicht mehr gerne auf Partys ging. Normalerweise gehe ich zu einer Party, tauche ein, suche mir etwas zu essen und zu trinken und quatsche dann stundenlang. Irgendwann später gehe ich nach Hause und sage zu meinem Mann: "Weißt du, wenn ich zuhause geblieben wäre und den ganzen Abend auf eine weiße Wand gestarrt hätte, hätte ich mich besser amüsiert." Dann sagte er: "So wie du alle den ganzen Abend vollgequatscht hast, konnte das niemand ahnen." Ich bin eine hochtrainierte Quatscherin. Ich kann mit jedem stundenlang über alles reden. Vor allem, wenn ich müde, erschöpft oder beschwipst bin, geht mein Mund auf Autopilot und blubbert in der Gegend herum ohne irgendeine erkennbare Verbindung zu meinem Gehirn. Ich bin eine von den Leuten, von denen Jane Espenson geschrieben hat, die immer lustige Geschichten erzählen, Gesten und Geräusche inbegriffen. Das war mir nicht so recht klar, bevor ich das gelesen habe. Und dann habe ich mich zufällig im Spiegel gesehen, während ich einem Schüler etwas erzählte, das mir gerade passiert war. Komplett mit Geräuschen, Grimassen und Gesten. Das Einzige, was ich nicht getan habe, war aufstehen und es vorspielen. Aber nur, weil das eine Klavierstunde war und bei Klavierstunden stehe ich nicht auf. Nur bei Gesangs-Stunden. Zwar kann ich mich nicht im Spiegel sehen, wenn ich Gesang unterrichte, aber ich bin sicher, dass ich dann auch noch zu schauspielern anfange. Völlig ungezügelt. Aber meine Schüler lachen meistens, also wird es wohl okay sein.

Aber zurück zu den Partys. So wie ich das häufiger mache, seit ich versuche achtsamer zu werden, find ich an, mich selber in sozialen Situationen zu beobachten. Die lustigen Geschichten zum Besten zu geben und alles, während ein Teil von mir in meinem Kopf saß, über meine Schulter schaute und fragte: "Also, wenn dir das hier keinen Spaß macht, warum machst du das dann genau?" und "Was wäre, wenn du mal einfach eine Minute lang hier sitzen bleibst und jemand anderem eine Chance gibst, zu reden?" "Was wäre, wenn du einfach mal zuhören würdest?". Ich weiß, eine schockierende Vorstellung, aber ich dachte, vielleicht gibt es auch noch andere Leute hier, die vielleicht gerne etwas erzählen möchten und die die Kunst, jedermanns Aufmerksamkeit zu erregen nicht so hart trainiert haben wie ich. Wie, zum Beispiel, mein Mann. Er ist normalerweise der in der Ecke, der etwas wirklich Aufschlussreiches zu sagen hat, aber niemand wird es hören, weil a) alle gleichzeitig reden, b) sowieso niemand zuhört, c) er tatsächlich darauf wartet, dass jemand für ihn eine Lücke lässt und d) er aufhört zu reden, wenn niemand zuhört. Er ist für gewöhnlich auch ziemlich frustriert von Partys und ähnlichen geselligen Zusammenkünften.

Wie merkwürdigerweise auch ich. Aber von Zeit zu Zeit genieße ich es wirklich, unter Menschen zu sein. Also, was tun? Den nächsten Teil des Puzzles bekam ich, als wir letztes Jahr zu einem Konzert gingen. Wir gingen aus, meine Mann und ich (Nur Eltern wissen, wie fantastisch es sich anfühlen kann, einen Abend lang frei und kinderlos zu sein.) zunächst zum Bahnhof. Im Zug sahen wir Cluster von Jugendlichen. Oh-oh. Junge Erwachsene mit Bier. Trotzdem stiegen wir in den Zug und wurden mit: "Hi. Wollt ihr auch eins?" begrüßt. Der Klumpen verdächtiger Mannsbilder stellte sich heraus, bestand aus zwei der Schüler meines Mannes mit dem Rest ihrer Band. Einer ziemlich guten Band, die wir schon spielen gehört hatten. Wir lehnten das Bier ab, das sie mitgebracht hatten, um ihre schwerverdientes Geld zu sparen. Scheinbar betrinkt man sich heutzutage gerne auf dem Hinweg, weil das Bier dort billiger ist. Wir redeten. Was wir vorhätten, Auftritte, Bands, ich weiß nicht was. Wir stiegen aus. Wir gingen zu unserem Jazzkonzert. Wir trafen einen Haufen Freunde. Wir sprachen über Musik und Musiker und alles mögliche. Wir gingen früh nach Hause. Auf dem Weg zurück dachte ich darüber nach, wie sehr ich das Gespräch auf der Hinfahrt genossen hatte und wie öde das Gespräch mit unseren Freunden gewesen war. Aber warum? Ich kann es immer noch nicht mit Sicherheit sagen, aber es waren sicher nicht die Gesprächsthemen. Bei keiner dieser Begegnungen ging es um etwas tiefsinniges oder bedeutsames. Aber am Schluss des Abends habe ich mit fast gewünscht, mit den Jugendlichen ausgegangen zu sein.

Am Ende von NaNoWriMo gab es ein feierliches Abendessen mit einigen Schreibern, die in der großen Stadt wohnen. Als ich meinem Mann sagte, dass ich gerne hinginge, sagte er: "Aber das ist der Geburtstag unserer Freundin. Sie feiert bestimmt an dem Tag." Das ist übrigens ziemlich typisch für sie, wir wussten, dass sie an dem Tag feiern würde, aber sie noch nicht und es gab keine Einladung. Ich dachte darüber nach und beschloss, lieber zu einem Treffen von Leuten zu gehen, die ich kaum kannte als zu der Geburtstagsfeier einer alten Freundin meines Mannes, die wir seit Jahren kennen. Wir wussten auch, wer alles dort sein würde. Und ich mag diese Leute. Darum geht es gar nicht. Aber es war eine ihrer Partys, auf der ich herausfand, dass das Starren auf eine weiße Wand gar keine so schlechte Alternative für so einen Abend ist. Ich wunderte mich. Hatte ich mit den Schreibern mehr gemeinsam? Aber es würden sogar Musiker zu der Party kommen. Ich war verwirrt. Aber ich habe es nie bereut und sogar mein Mann war erleichtert, sagen zu können: "Oh nein, wir können nicht kommen. Susanne geht aus und ich muss bei unserem Sohn bleiben." Wir dachten, wir werden langsam zu Misanthropen. Aber dann hatte ich bei dem Essen eine Menge Spaß. Nicht so misanthropisch.

Letzte Woche war Elternstammtisch der Kindergartengruppe meines Sohnes. Dieser Stammtisch findet etwa zwei Mal pro Jahr statt. Interessanterweise waren nur vier Mütter dort (mich eingeschlossen.) Ja, Mütter, keine Väter. Wir saßen in einer Kneipe, redeten Belangloses, die Kinder und einen möglichen Termin fürs Schlittschuhlaufen. Wieder habe ich einen großen Teil des Gesprächs bestritten, aber nicht den größten. Wieder habe ich insgeheim nur darauf gewartet, nach Hause gehen zu dürfen. Wieder habe ich mir gewünscht, ich hätte zuhause bleiben dürfen, Klavier spielen, Buffy schauen oder auf eine Wand starren und ich dachte: "Warum?" Das waren sehr nette Frauen. Wir haben über Kinder und Lernen und so was geredet. Alle Themen, die mir wirklich etwas bedeuten. Ich war verwirrt. Und dann hatte ich es, oder zumindest meinte ich das: Niemandem war das, was wir redeten wirklich wichtig. Wir machten nur das, was ich "Mundgeräusche" nenne. Was diesen Unterhaltungen fehlte, war Leidenschaft.

Aber dann dachte ich noch mal nach. Für meinen Vater zum Beispiel sind Steuern ein wirklich leidenschaftliches Thema, aber das hilft mir nicht dabei, Gespräche über Steuern interessant zu finden. Und dann wurde es mir wirklich klar: es ging gar nicht um die Gesprächsthemen. Ich habe schon interessante und stimulierende Unterhaltung über Dinge wie Schlaghosen und Klempnern gehabt. Nein, es hatte etwas mit den Leuten zu tun. Deswegen fand ich die Unterhaltungen mit meinen Schülern oft interessanter als mit Menschen meines Alters. Wenn man älter wird, stirbt oft ein Teil von einem ein bisschen. Man ist im Alltagsleben begraben, man spielt nicht, man hat nicht richtig Spaß und dann wird man jeden Tag ein bisschen toter. Und das ist es, was ich nicht leiden kann. Meine Mutter sagte etwas Ähnliches, als ich ihr von meinem Problem mit Smalltalk erzählte. Sie sagte, sie vermisse ihre Arbeit. Nicht wegen der Arbeit, sondern wegen der Möglichkeit, sich mit jüngeren Leuten zu unterhalten. Sie sagte: "Jeder in meinem Alter redet immer über das Gleiche. Das ist langweilig." Tja, ungefähr jeder in meinem Alter scheint das auch zu machen.

Auf der anderen Seite rede ich auch immer über das Gleiche und ich glaube, das ist eine andere Art von Langeweile. Wenigstens kümmere ich mich und bin leidenschaftlich und ich habe nicht das Gefühl, mein Leben läuft auf Schienen und es gibt nichts, was ich tun kann, um es zu ändern. Und dieses jeden Tag eine bisschen Aufgeben und jeden Tag ein bisschen Sterben ist das, was mein Mann die Gefahren des Älterwerdens nennt. Nicht die Gefahr des Altwerdens, nein, die des Älterwerdens. Eine der Frauen bei dem Kindergartenmüttertreffen sagte: "Ich bin immer froh, abends raus zu kommen." und ich konnte sie nur mit offenem Mund anstarren. Ich bin gerne zu Hause. Da kann man eine Menge interessanter Dinge tun. (Wie bloggen.) Ich muss nicht wirklich rausgehen und etwas tun, dass mit nichts bedeutet, um mich von der vollkommenen und endlosen Langeweile bei mir zu Hause abzulenken.

Okay, es geht also um die Leute. Aber vielleicht auch nicht. Also, wo gehe ich hin und wo nicht? Wenn alles, dass kein absolutes Ja ist, ein Nein ist, heißt das dann, dass ich keinerlei Kindergarten-bezogenen Aktivitäten mehr besuche? Oder Familientreffen? Denn die fühlen sich oft am allerlangweiligsten an. Ich will nicht da sitzen, wie ein Teenager, mit einem Gesicht das sagt: "Sind wir endlich fertig? Kann ich jetzt nach Hause gehen?" Aber ich will nicht aufhören, alte Freunde und Familienmitglieder zu sehen. Irgendwelche Strategien, wie man Leute dazu bringt, über Dinge zu reden, die ihnen wirklich am Herzen liegen? Dinge, die ich noch nicht über sie weiß? Oder über die Welt?

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Montag, Februar 12, 2007

Ein Jahr und mehr als hundert Einträge

Ich habe meinen hundertsten Blog-Eintrag verpasst. Also, nicht direkt verpasst, aber ich wusste nicht, dass es Nr. 100 ist während ich ihn schrieb. Auf der anderen Seite gibt es auch Einträge in diesem Blog, die eigentlich nicht zählen wie dieser. Der älteste überhaupt, in Deutsch und in meinem anderen Blog. Das war weder der erste Blog-Eintrag noch der Tag, der für mich die Geburtsstunde dieses Blogs markiert. Im Mai 2005 legte ich ein Blogger-Konto an. Mein Mann wollte eine Webseite und ich sagte: "Aber du brauchst etwas, das die Leute veranlasst, wiederzukommen, eine News-Seite oder ein Blog." Er fragte, wie man das macht, ich wusste es auch nicht, murmelte etwas von Blogger, das eventuell kostenlos sei, ging zu meinem Computer, eröffnete ein Konto, schrieb etwas über das Wetter und meinen Sohn, in dem der Name der Stadt, in der ich lebe, vorkam, ging zurück, eröffnete ein anderes Konto für meinen Mann, sagte: "Hier ist dein Konto, hier ist dein Passwort und wenn du mal Zeit hast, zeige ich dir, wie man neue Einträge veröffentlicht." Das war's.

Falls ihr interessiert seid, sein Blog ist immer noch da, auch wenn seine Webseite inzwischen eine eigene Seite für News hat. (Und dort etwas zu posten ist etwa so einfach, wie Fort Knox zu entern. Man braucht mich, meine Liste von Kennwörtern und drei verschiedene Nutzer- oder Kontennamen, um etwas einzugeben. Am besten funktioniert es mit telefonischer Unterstützung durch den Freund von uns, der das ganze Ding programmiert hat.) Oh, und der englische Teil existiert noch nicht, ich habe immer noch nichts übersetzt und danach muss dann unser Freund noch neue Seiten erzeugen, wie immer man das macht...

Aber zurück zu diesem Blog, oder vielmehr zu diesem Blog. Es gab einen einzelnen Eintrag im August 2005 und dann Schweigen. Man kann sich das als die Schwangerschaft mit diesem Blog vorstellen. Neun Monate der Erwartung. Dann beschloss ich, zu Englisch zu wechseln und das stellt für mich meinen ersten offiziellen Eintrag dar: language switch. Seitdem habe ich eine Menge Blogs gefunden, die kein bisschen langweilig sind. Ehrlich gesagt habe ich so viele gefunden, dass ich sie nicht einmal alle lesen kann, wenn ich in meinem Leben auch noch etwas anderes machen will, als nur Blogs zu lesen. Die erste Ahnung von der Gemeinschaft, die dahinter steckt bekam ich, als ich Blogher fand. Damals hieß dieses Blog noch "Windeln und Musik". Ich fing an, enthusiastisch vor mich hin zu bloggen und hielt dann inne, um zu überlegen, wer das wohl lesen soll. Diejenigen von euch mit einem eigenen Blog wissen, dass das alles ein bisschen Arbeit macht. Und ich wollte gelesen werden, ansonsten hätte ich bei Papier und Bleistift bleiben können.

Als ich anfing, meinen Freunden vom Blog zu erzählen, um eine Handvoll Leser zu bekommen, zeigte sich ein anderes Problem: die Meisten würde nichts auf Englisch lesen. Aber die meisten Leute, die die Blogher blogrolls anschauen, würden nichts auf Deutsch lesen. Dilemma. Ich löste es auf wahre Susanne-Art, das Eine tun und das Andere nicht lassen. Dieser Zwilling zu meinem englischen Blog "Windeln und Musik", sein deutscher Spiegel wurde 8 Tage später geboren. Seit dem ersten Dezember sind die Windeln aus meinem Leben verschwunden. Ich habe das Blog umbenannt. Es ist gar nicht so einfach, etwas zu finden, dass auf Deutsch und Englisch funktioniert. Mein Mann schlug "Reflexionen aus einem beschädigten Leben" vor, was mir sehr gefällt, aber ein bisschen zu pessimistisch für meinen Geschmack. Auch wenn es etwas mit Theodor W. Adorno zu tun hat. (Es handelt sich dabei um den Untertitel seiner "Minima Moralia".) Mein Leben fühlt sich allerdings nicht besonders beschädigt an.

Also änderte ich den Namen zu "kreative.mutter.denkt". Kreativität und Mutterschaft sind die Eckpfeiler dieses Blogs und offensichtlich schreibe ich permanent über das, was ich denke. Ich bin mir mit den Punkten allerdings nicht mehr sicher. Vielleicht sind sie albern. Absurd. Denkt ihr, ich sollte mich von ihnen trennen? Es "kreative mutter denkt" nennen? Oder "kreative Mutter denkt"? Vielleicht.

Wie auch immer, jetzt ist es ein Jahr. Ein Jahr des Bloggens, ein Jahr, in dem ich durch meinen Tag gehe und in meinem Kopf die ganze Zeit Blog-Einträge formuliere, von denen ich etwa jeden dritten auch schreibe. Monatelang habe ich mich mit meinem Blog einsam gefühlt. Ich hatte etwa 3 Leser, oder vielmehr 3 "Hits" pro Tag und 95% der Leute blieben eine Sekunde oder weniger. Ich habe mit diesem Blog mehr Zeit verbracht, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Ich habe jeden Eintrag bis auf einen übersetzt und habe etwa jeden zweiten Monat daran gedacht, es um meiner Musik willen aufzugeben.
-..
In den letzten Monaten habe sich die Leserzahlen erhöht, das Technocrati Ranking meines englischen Blogs ist auf 147.303, und ich fühle mich wie ein Mitglied einer Gemeinschaft. Ich habe Freundinnen wie De und Liv gefunden und habe sogar an einer Blogger-Hochzeit für soziale Gerechtigkeit teilgenommen. Ich habe herausgefunden, dass mir Schreiben wichtiger ist, als ich dachte und versuchte mich an NaNoWriMo. Wodurch ich Freunde gefunden habe, die ein bisschen näher wohnen. Also, so sehr ich es erst auch bezweifelt habe, ist Bloggen doch eine soziale Tätigkeit. Ich sitze wegen des Bloggens nicht mehr in meinem Haus in der Vorstadt und fühle mich einsam und abgeschnitten, ich sitze stattdessen in meinem Haus in der Vorstadt und fühle mich als Teil einer Gemeinschaft mit Freunden. Manchmal treffe ich sie sogar in echt. Meistens nicht. Einer der Gründe dafür ist die Tatsache, dass ich nicht einfach ein Flugzeug nehmen kann, um um die halbe Welt zu fliegen. Aber heutzutage kommt die Welt durch meinen kleinen Computerbildschirm zu mir.

Und um dies alles abzuschließen muss ich sagen, dass ich schon wieder eines von diesen Dingen angefangen habe, für das ich weder Zeit noch Energie habe. Als ich an NaNo teilgenommen habe, dachte ich so bei mir: "Warum gibt es sowas nicht für Songwriter?" Tja, Überraschung, es gibt: FAWM. February album writing month. 14 Songs in 28 Tagen. Ich habe vor, spektakulär zu scheitern, weil ich a) mich eine Woche zu spät angemeldet habe, b) in meinem ganzen Leben nur drei oder vier Songs geschrieben habe, c) ich letzte Woche nicht einmal Zeit hatte, meinen Blog-Eintrag zu übersetzen und d) Schlaf und Ruhe momentan eindeutig Vorrang haben, weil ich sonst einfach so umfalle. Trotzdem habe ich mich angemeldet und letzte Woche fast einen ganezn Song geschrieben. Ich muss nur noch ein bisschen Text an die Bridge klatschen...

Und vergesst nicht die Just Post posts:

Just Post Jan 2007

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Samstag, Februar 10, 2007

Blumige Postkarte aus Australien

Ich habe meine Postkarte von "Blogger Postcards around the World" bekommen! Aus Australien! Wow! (Und das lässt mich noch mehr bedauern, dass ich auf die, die ich versteckt habe, keinen Luftpost-Aufkleber gemacht habe. Sorry. Sie kommt wahrscheinlich erst in sechs Wochen an oder so. Schande über mich.)


Nicht nur habe ich diese großartige Karte bekommen, die liebliche Ellie hat darauf auch noch einen veritablen Brief geschrieben. Man kannd as wahrscheinlich nicht sehen, aber es ist eine große Karte. Sie hat sich die Zeit genommen, mein Blog zu lesen (allerdings wohl nicht das ganze Blog) und etwas zu schreiben, das so süß war wie die Desserts, die sie macht und über die sie auf Kitchen Wench bloggt. Und dann hat sie sich auch noch zwei Mal dafür entschuldigt, keine Valentinskarte gefunden zu haben. Einmal auf der Karte und einmal in ihrem Blog-Eintrag. Und dabei macht mir das wirklich überhaupt nichts. Tatsächlich bin ich gar kein besonderer Fan des Valentinstags und was könnte besser sein als etwas mit Blumen, Glitzer und Glitter? Okay, sie hätte orange, pink und rot sein können, aber das wäre vielleicht etwas zu viel gewesen. Stattdessen passt sie farblich genau zu meinem Klavierhocker.

Also, diese Postkarte hat definitiv meinen Tag verschönert. Das einzige Problem ist, dass ich jetzt, nachdem ich Ellies Blog gelesen habe davon träume, Trüffel oder so was zu machen. Wie ich mich kenne, werde ich stattdessen wieder den selben einfachen Kirschkuchen wie immer backen, und mit Last-Minute-Panik, wenn ich meine Nachbarin einlade. Und ich werde ihn nicht fotografieren. Wirklich, ich weiß nicht, wie diese Foodblogger das machen, alles sieht so einfach und köstlich aus.

(So, und hier seht ihr einen wesentlichen Unterschied zwischen deutsch- und englischsprachigen Blogs. Dieser Eintrag ist eine recht wortgetreue Übersetzung meines englischen Blog-Eintrags. Ich habe sogar schon ein paar Adjektive abgemildert. "Lovely" und "marvelous" klingt irgendwie nicht so bombastisch wie "großartig" und "lieblich". Irgendwie scheint leicht zynischer Sarkasmus mit Augenzwinkern auf Deutsch besser zu funktionieren und auf Englisch (oder sollte ich Amerikanisch sagen) ufert alles in {HUGS!!}, *sniff!* und "Oh, you're so beautiful and gorgeous, how lovely!" hinaus. Hm.)

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Samstag, Februar 03, 2007

Neil Gaiman einen Gefallen tun

Wenn einen einer der absoluten Lieblingsautoren um einen Gefallen bittet und vor allem, wenn es kaum Aufwand bedeutet und sogar, wenn es mehr ein Witz ist, dann tut man das natürlich. Oder? Hier wird also der Versuch gemacht jemanden zu, äh, "google-bomabrdieren" verlinke ich hiermit zu Penn Jillette. Der offensichtlich eine Radiosendung hat. In der er sich über Neil Gaiman lustig macht. Der das offensichtlich gut fand. Ich muss mir das Ganze noch anhören, deswegen weiß ich es noch nicht.

Oh und nur für den Fall, dass ihr euch darüber Gedanken gemacht habt, Neil Gaiman weiß nicht, dass es mich gibt. Penn Jillette genauso wenig. Was völlig in Ordnung ist.

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Freitag, Februar 02, 2007

behindert

In meinem anderen Blog hatte ich es gerade noch so geschafft, meinen "soziale Gerechtigkeit"-Post noch im Januar zu schreiben. Hier ist es etwas später geworden. Ich habe es versprochen, also schreibe ich. Als Kind und Jugendliche habe ich eigentlich nie Behinderte gesehen. Die Einzige, die ich kannte, war meine Cousine. Sie hatte ein Loch im Herzen und als sie deswegen operiert werden sollte, stellte man fest, dass alle Adern falsch angebracht waren und dass sie es offen lassen mussten. Sie hatte immer einen ziemlich bläulichen Hautton und ihr linker Arm war gelähmt. Wir haben uns nur selten getroffen, sie war etwa fünf Jahre älter als ich und nur in einem Jahr haben wir uns besucht und unterhalten. Ich habe nie verstanden, warum meine Mutter immer geflüstert hat, wenn sie von ihr sprach. Für mich war sie einfach meine Cousine. Anders ja, aber das ist ja jeder, irgendwie. Niemand erzählte mir, dass ihre Tage von Anfang an gezählt erschienen. Als sie mit 30 starb, hatte sie weitaus länger gelebt als erwartet.

Davon abgesehen war ich eine von diesen Leuten, die sich von Rollstuhlfahrern in der U-Bahn abwenden und denken: "Ich hoffe, er fragt mich nicht, ich hoffe, er fragt mich nicht." Und dann war ich nach meinem allerletzten Bürojob arbeitslos, wusste, dass ich in so einer Umgebung nie wieder arbeiten würden und suchte eine Arbeit in meinem Fachbereich. Ich war so verzweifelt, dass ich sogar in Erwägung zog, zu unterrichten. Im Nachhinein kann ich sagen, dass war das Beste, das ich tun konnte, aber damals erschien es mir beängstigend. Eine Freundin arbeitete als Musiklehrerin in einer privaten Real- und Fachoberschule. Sie wurde schwanger und suchte jemanden als Vertretung für ihren Erziehungsurlaub. Ich brauchte dringend Arbeit, aber unterrichten? In einer Schule? Und in einer Privatschule mit 60% körperbehinderten Schülern? "Was soll ich denn machen?" fragte ich, "Ich weiß doch gar nicht, wie ich ihnen helfen kann. Ich habe noch nie etwas mit behinderten Leuten zu tun gehabt." Sie sagte, ich solle mir keine Gedanken machen. Diese Leute sind sehr daran gewöhnt, anderen zu sagen, wie sie helfen können. Das machen sie die ganze Zeit.

Es ist eine sehr kleine Schule, nur 14 Schüler pro Klasse. Und ich unterrichtete dort Musik und fand heraus, dass ich zwar gerne Musik unterrichte, aber leider nicht mehr in einem hierarchischen System arbeiten kann. Einige der Schüler mochte ich und andere nicht. Es ist eine hervorragende Schule. Es gibt dort Helfer für die Schüler, die Dinge wie essen, Aufs Klo gehen oder schreiben nicht alleine können. Wir hatten Schüler mit den verschiedensten Behinderungen aus dem ganzen Land. Plötzlich merkte ich, dass sogar Deutschland, in dem alles gesetzlich geregelt ist und es überall Rampen gibt, nicht so freundlich ist, wie ich angenommen hatte.

Das tägliche Zusammensein mit Menschen mit Muskeldystrophie, spastischen Lähmungen, Querschnittslähmung, Glasknochen, Spina bifida und allem möglichen veränderte meine Einstellung ein wenig. Als ich das erste Mal hörte, wie eine Lehrerkollegin sagte: "Oh, er ist nur querschnittsgelähmt, er kann alles alleine machen." war ich ein bisschen sprachlose. Aber verglichen mit anderen... Wenn ich heutzutage jemanden mit einem Rollstuhl in der U-Bahn treffe, kann ich sehen, ob er ein querschnittsgelähmter Basketballspieler in einem Sportrollstuhl ist, der seinen Rollstuhl problemlos die Rolltreppe hinauf manövrieren kann und wahrscheinlich stärker ist als ich, oder ob es sich um jemanden handelt, der gerne ein bisschen Hilfe beim Drücken des Türöffners hätte.

Und ich fand heraus dass, behindert oder nicht, wir alle nur Menschen sind. Nicht zu wissen, wie man helfen kann, ist keine Entschuldigung dafür, wegzusehen. Wenn ihr behindert wäret, zum Beispiel den Fuß gebrochen hättet und auf Krücken gehen müsstet oder beide Füße gebrochen hättet und im Rollstuhl sitzen müsstet, fändet ihr es dann in Ordnung, wenn alle wegschauen, weil sie Angst haben, etwas falsch zu machen, wenn sie helfen? Fändet ihr es in Ordnung, wenn die Leute an euch vorbeirennen und nicht helfen, den Rollstuhl aus der U-Bahn zu bekommen? Würdet ihr immer zu Hause bleiben, weil ihr nicht Auto fahren oder einen Einkaufswagen schieben könntet?

Es wird zu diesem Thema noch einen zweiten Teil geben, weil ich wieder mal unter Zeitdruck stehe, aber für heute habe ich eine Aufgabe für euch: wenn ihr heute unterwegs seid, versucht Leute zu finden, die etwas Hilfe brauchen. Und wenn sie keine Hilfe brauchen, schaut sie an, lächelt und behandelt die Anderen wie gleichwertige menschliche Wesen.

Danke. Ende der heutigen Predigt.

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