Warum es hart ist, Songs zu schreiben
Das ist jetzt natürlich der zweite Teil meines Eintrags darüber, warum Schreiben einfach ist. Für diejenigen von Euch, die es eilig haben: In Wirklichkeit ist es natürlich nicht hart, aber für mich schon.
Ich habe darüber schon Einiges geschrieben, es ist also nicht direkt ein Geheimnis: Ich finde es nicht einmal einfach, Musik zu machen. Musik macht nämlich Krach. Als Kind habe ich in einem Haus gewohnt, wo der Vermieter sich permanent über uns Kinder beklagt hat. (Und er hatte selber Kinder.) Wir haben sogar gelernt, die Treppe auf Zehenspitzen hochzuschleichen. Stellt euch also die Reaktion vor, als wir ein Klavier kauften. Und ich habe so gerne gespielt, dass sie mir verboten haben, länger als eine Stunde am Tag zu spielen. Oh, und als wir dann in unser eigenes Haus zogen, als ich vierzehn war, stand mein Klavier im Wohnzimmer und jeder sagte mir, ich solle doch bitte aufhören, zu spielen, damit sie fernsehen konnten. Heute noch, wenn ich auf der Bühne stehe, habe ich den starken Drang, mich dafür zu entschuldigen, dass ich den Leuten ihre wertvolle Zeit stehle. Und laut bin.
Nach Jahren und Jahren, in denen ich vermieden habe, mich selbst Musikerin zu nennen, in denen ich nach äußerer Bestätigung gesucht und auf mein Musiker-Abzeichen gewartet habe, musste ich feststellen, dass ich in all den Jahren nicht nur ziemlich viel Musik gemacht hatte, sondern auch einen Abschluss in Musikpädagogik. Also habe ich etwa vor fünfzehn Jahren aufgehört, mich damit weiter zu quälen und fing an, einfach zu sagen, dass ich Musikerin bin. Ich habe ein Recht darauf. Ich mache Musik. Und ich verdiene mein Geld damit, Musik zu unterrichten.
Aber die ganze Zeit über war ich blockiert. Ich wollte das erste Mal Songs schreiben, als ich zwölf war. Ich fing an, etwas vor mich hin zu summen, hatte keine Ahnung, wie ich es festhalten sollte und hörte auf. Wenn es um meine größten Herzenswünsche geht, lasse ich mich leicht entmutigen. Als ich an der Uni jemand traf, der tatsächlich Songs schrieb. UND DER NUR EIN GANZ NORMALER MENSCH WAR! dachte ich: "Hm. Wenn der das kann, kann ich das ja vielleicht auch." Ich fing an, wieder mit Songs in meinem Kopf herumzulaufen, aber ich wusste nicht, wie ich sie aufschreiben oder -nehmen sollte. Wenn ich versuchte, sie aufzuschreiben, dann veränderten sie sich, weil das Aufschreiben von Musik ziemlich viel Übung erfordert. Und ich hatte keinerlei Aufnahme-Möglichkeit. Also wurde das ein "Eines Tages"-Ding. Eines Tages werde ich Songs schreiben.
Dann ging ich zu einem Workshop der fabelhaften Rhiannon, bei dem wir einen Song schreiben sollten. Wir machten an dem einen Tag eine Schreib-Übung für den Text und wurden mit der Aufgabe nach Hause geschickt, zu einem Teil dieses Textes Musik zu machen. Improvisation war erlaubt und man konnte alle anderen Sänger einbeziehen und sie singen lassen. Oder ein Instrument mitbringen. Ich liebte diese Übung. Von ganzem Herzen. Ich ging nach Hause mit einer Melodie zu meinen erstaunlichen Lyrics im Ohr, die einfach immer weiter und weiter ging. Ich konnte es gar nicht erwarten, zu meinem Klavier zu kommen, um die Melodie und Harmonien aufzuschreiben.
Als ich nach Hause kam, wartete da eine Nachricht auf mich, dass alles, was ich getan hatte, um meine akademische Karriere voranzutreiben, umsonst gewesen war. Die Arbeit von neun Monaten wurde abgetan als minderwertig. Peng! Ich rief einen Freund an, ich rief meinen Doktorvater an, ich weinte, ich redete mit meinem Mann... Meine kleine Melodie war futsch.
Aber dann tat ich etwas, auf das ich richtig stolz bin: Ich setzte mich an mein Klavier, nahm den Text und machte eine neue Melodie. Und schrieb sie auf. Am nächsten Tag im Workshop brachte ich dem gesamten Workshop bei, mein Song-Fragment mehrstimmig zu singen. Rhiannon schaute mich an und sagte: "Wo sind diese Harmonien denn her gekommen?" Ich weiß es auch nicht.
Aber da war klar, dass Songs zu schreiben für mich wirklich wichtig ist. Und dann vergaß ich das prompt wieder und schreib meine Doktorarbeit fertig und bekam den Titel dann doch nicht. Ich wurde schwanger und bekam meinen Sohn. Und dann war mir klar, dass eines Tages jetzt sein musste.Seit diesem Workshop habe ich mir jedes Jahr im November vorgenommen, Songs zu schreiben. Und jeden Herbst habe ich etwa einen halben Song geschrieben. Vorletztes Jahr habe ich dann ernsthaft angefangen. Mein Mann hat mir sogar eine Karte zu Weihnachten geschenkt, auf der stand, dass er einen Verein zur Förderung meiner Bemühungen gegründet habe. Er gab mir seinen alten Harddisk-Rekorder und ich habe zwei meiner Songs aufgenommen. Er hat sie abgemischt. Und dann merkte ich, dass mir Melodien zwar leicht fallen, weil ich eine Sängerin bin, die viel Jazz und Improvisation gemacht hat, dass ich aber durch meine mangelnden pianistischen Fähigkeiten behindert werde.
Sofort nahm ich Klavierstunden. Und diese Lehrerin ist fantastisch und ich habe eine Menge gelernt. Aber anstatt Songs zu schreiben fiel ich in die Schüler-Mentalität zurück und dachte nur noch darüber nach, Jazzsongs auf dem Klavier zu spielen. Dann versuchte ich wieder, Songs zu schreiben. Dann fing ich an, zu bloggen. Und dann war jetzt.
Vor ein paar Tagen hatte ich eine Erleuchtung: Ich werde nur lernen, Songs zu schreiben, indem ich Songs schreibe. (Ja, ich weiß, wirklich tiefsinnig.) Also habe ich mich selbst dazu verpflichtet, miese Songs zu schreiben, bis ich weiß wie man das macht. Und dann muss ich lernen, etwas zu Ende zu bringen. Anfänge fallen mir wirklich leicht. Keine Ideen? HAHAHA! Sie irgendwo festhalten? Schwerer. Etwas fertig machen? Wieder HAHAHA. Aber aus anderen Gründen.
Also müsst ihr doch einsehen, dass das Schreiben viel leichter ist: es ist tragbar, es macht keinen Lärm und man lernt es schon in der Schule. Und man braucht kein Equipment. Wenigstens nicht viel.
Ich habe darüber schon Einiges geschrieben, es ist also nicht direkt ein Geheimnis: Ich finde es nicht einmal einfach, Musik zu machen. Musik macht nämlich Krach. Als Kind habe ich in einem Haus gewohnt, wo der Vermieter sich permanent über uns Kinder beklagt hat. (Und er hatte selber Kinder.) Wir haben sogar gelernt, die Treppe auf Zehenspitzen hochzuschleichen. Stellt euch also die Reaktion vor, als wir ein Klavier kauften. Und ich habe so gerne gespielt, dass sie mir verboten haben, länger als eine Stunde am Tag zu spielen. Oh, und als wir dann in unser eigenes Haus zogen, als ich vierzehn war, stand mein Klavier im Wohnzimmer und jeder sagte mir, ich solle doch bitte aufhören, zu spielen, damit sie fernsehen konnten. Heute noch, wenn ich auf der Bühne stehe, habe ich den starken Drang, mich dafür zu entschuldigen, dass ich den Leuten ihre wertvolle Zeit stehle. Und laut bin.
Nach Jahren und Jahren, in denen ich vermieden habe, mich selbst Musikerin zu nennen, in denen ich nach äußerer Bestätigung gesucht und auf mein Musiker-Abzeichen gewartet habe, musste ich feststellen, dass ich in all den Jahren nicht nur ziemlich viel Musik gemacht hatte, sondern auch einen Abschluss in Musikpädagogik. Also habe ich etwa vor fünfzehn Jahren aufgehört, mich damit weiter zu quälen und fing an, einfach zu sagen, dass ich Musikerin bin. Ich habe ein Recht darauf. Ich mache Musik. Und ich verdiene mein Geld damit, Musik zu unterrichten.
Aber die ganze Zeit über war ich blockiert. Ich wollte das erste Mal Songs schreiben, als ich zwölf war. Ich fing an, etwas vor mich hin zu summen, hatte keine Ahnung, wie ich es festhalten sollte und hörte auf. Wenn es um meine größten Herzenswünsche geht, lasse ich mich leicht entmutigen. Als ich an der Uni jemand traf, der tatsächlich Songs schrieb. UND DER NUR EIN GANZ NORMALER MENSCH WAR! dachte ich: "Hm. Wenn der das kann, kann ich das ja vielleicht auch." Ich fing an, wieder mit Songs in meinem Kopf herumzulaufen, aber ich wusste nicht, wie ich sie aufschreiben oder -nehmen sollte. Wenn ich versuchte, sie aufzuschreiben, dann veränderten sie sich, weil das Aufschreiben von Musik ziemlich viel Übung erfordert. Und ich hatte keinerlei Aufnahme-Möglichkeit. Also wurde das ein "Eines Tages"-Ding. Eines Tages werde ich Songs schreiben.
Dann ging ich zu einem Workshop der fabelhaften Rhiannon, bei dem wir einen Song schreiben sollten. Wir machten an dem einen Tag eine Schreib-Übung für den Text und wurden mit der Aufgabe nach Hause geschickt, zu einem Teil dieses Textes Musik zu machen. Improvisation war erlaubt und man konnte alle anderen Sänger einbeziehen und sie singen lassen. Oder ein Instrument mitbringen. Ich liebte diese Übung. Von ganzem Herzen. Ich ging nach Hause mit einer Melodie zu meinen erstaunlichen Lyrics im Ohr, die einfach immer weiter und weiter ging. Ich konnte es gar nicht erwarten, zu meinem Klavier zu kommen, um die Melodie und Harmonien aufzuschreiben.
Als ich nach Hause kam, wartete da eine Nachricht auf mich, dass alles, was ich getan hatte, um meine akademische Karriere voranzutreiben, umsonst gewesen war. Die Arbeit von neun Monaten wurde abgetan als minderwertig. Peng! Ich rief einen Freund an, ich rief meinen Doktorvater an, ich weinte, ich redete mit meinem Mann... Meine kleine Melodie war futsch.
Aber dann tat ich etwas, auf das ich richtig stolz bin: Ich setzte mich an mein Klavier, nahm den Text und machte eine neue Melodie. Und schrieb sie auf. Am nächsten Tag im Workshop brachte ich dem gesamten Workshop bei, mein Song-Fragment mehrstimmig zu singen. Rhiannon schaute mich an und sagte: "Wo sind diese Harmonien denn her gekommen?" Ich weiß es auch nicht.
Aber da war klar, dass Songs zu schreiben für mich wirklich wichtig ist. Und dann vergaß ich das prompt wieder und schreib meine Doktorarbeit fertig und bekam den Titel dann doch nicht. Ich wurde schwanger und bekam meinen Sohn. Und dann war mir klar, dass eines Tages jetzt sein musste.Seit diesem Workshop habe ich mir jedes Jahr im November vorgenommen, Songs zu schreiben. Und jeden Herbst habe ich etwa einen halben Song geschrieben. Vorletztes Jahr habe ich dann ernsthaft angefangen. Mein Mann hat mir sogar eine Karte zu Weihnachten geschenkt, auf der stand, dass er einen Verein zur Förderung meiner Bemühungen gegründet habe. Er gab mir seinen alten Harddisk-Rekorder und ich habe zwei meiner Songs aufgenommen. Er hat sie abgemischt. Und dann merkte ich, dass mir Melodien zwar leicht fallen, weil ich eine Sängerin bin, die viel Jazz und Improvisation gemacht hat, dass ich aber durch meine mangelnden pianistischen Fähigkeiten behindert werde.
Sofort nahm ich Klavierstunden. Und diese Lehrerin ist fantastisch und ich habe eine Menge gelernt. Aber anstatt Songs zu schreiben fiel ich in die Schüler-Mentalität zurück und dachte nur noch darüber nach, Jazzsongs auf dem Klavier zu spielen. Dann versuchte ich wieder, Songs zu schreiben. Dann fing ich an, zu bloggen. Und dann war jetzt.
Vor ein paar Tagen hatte ich eine Erleuchtung: Ich werde nur lernen, Songs zu schreiben, indem ich Songs schreibe. (Ja, ich weiß, wirklich tiefsinnig.) Also habe ich mich selbst dazu verpflichtet, miese Songs zu schreiben, bis ich weiß wie man das macht. Und dann muss ich lernen, etwas zu Ende zu bringen. Anfänge fallen mir wirklich leicht. Keine Ideen? HAHAHA! Sie irgendwo festhalten? Schwerer. Etwas fertig machen? Wieder HAHAHA. Aber aus anderen Gründen.
Also müsst ihr doch einsehen, dass das Schreiben viel leichter ist: es ist tragbar, es macht keinen Lärm und man lernt es schon in der Schule. Und man braucht kein Equipment. Wenigstens nicht viel.
Technorati Tags: Kreativität, midlife-crisis, Selbsthilfe, song writing
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