Mittwoch, November 01, 2006

Warum Schreiben einfach ist

oder vielmehr, warum es einfacher für mich ist, als Songs zu schreiben.

Für eine Musikerin habe ich erstaunlich viele Bücher übers Schreiben. Ich besitze genau ein Buch über Songwriting. Ich besitze (steht auf und zählt) ungefähr ein halbes Dutzend Bücher übers Schreiben.
Wenn mich jemand fragt, sage ich nie, dass ich schreibe (geschweige denn, das S-Wort, Schriftsteller). "Ich bin Musikerin." sage ich und füge in meinem Kopf hinzu: "Aber keine gute."
Also habe ich darüber nachgedacht, warum mir Schreiben leicht fällt. (Und ja, ihr könnt mich nach NaNoWriMo noch mal fragen.) Um mich darauf vorzubereiten lese ich "Writing down the Bones" wieder. Darin schreibt Natalie Goldberg:

"This is the practice school of writing. Like running, the more you do it, the better you get at it. Some days you don't want to run and you resist every step of the three miles, but you do it anyway. You practice whether you want to or not. You don't wait around for inspiration and a deep desire to run. It'll never happen, especially if you are out of shape and have been avoiding it. But if you run regularly, you train our mind to cut through or ignore your resistance. You just do it. And in the middle of the run, you love it. When you come to the end, you never want to stop. And you stop, hungry for the next time."

"Je mehr du es machst, desto besser wirst du". Yeah, that's it.

Jahrelang habe ich geschrieben, ohne es richtig wahrzunehmen. Mit 9 habe ich angefangen, Tagebuch zu schreiben. Als Teenager habe ich seitenweise Briefe geschrieben, ein paar schlechte Gedichte und ich liebte Hausaufgaben, bei denen man schreiben musste. Als wir einmal ein Gedicht schreiben sollten, schrieb ich zwei.
Dann habe ich meine Magisterarbeit geschrieben. Jeden Tag habe ich mich im Schlafanzug an den Computer gesetzt - um mich vor der einsetzenden Aufschieberitis zu erwischen - und wärmte mich auf, indem ich auf dem Computer Tagebuch schrieb. Auch wenn mir die Magisterarbeit nicht besonders viel Spaß machte, war mir klar, dass ich das Schreiben mochte.

Zu der Zeit habe ich mein erstes Buch übers Schreiben gekauft. Ich habe immer noch einen Ordner mit einer Idee für ein Drehbuch. (Ich frage mich nur, ob ich daraus im November einen Roman machen kann. Hm.) Und nach dem Abi habe ich die Aufnahmeprüfung für Theaterwissenschaften gemacht, wo man auch was schreiben musste. Wenn ich mich recht entsinne, gibt es da noch den Entwurf zu einem Theaterstück.

Aber mit all diesen Ideen habe ich nie etwas angefangen. In meinen Ordnern gibt es nur Anfänge. Und dann sind da die Geschichten in meinem Kopf. (Ich habe mir erst gedacht, wenn ich nur einen Weg fände, meine Gedanken direkt in einen Computer zu leiten... Da drin sind Geschichten und Songs. Ich erzähle und singe mir die ganze Zeit etwas vor. Tagträumen auf hohem Niveau.) Als ich mit meinem Magister fertig war, war ein Grund dafür, dass ich die Doktorarbeit angefangen habe, der Wunsch, wieder so intensiv zu schreiben.

Und dann vor sieben Jahren (fast auf den Tag genau) las ich "Der Weg des Künstlers. Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität" von Julia Cameron und habe angefangen, Morgenseiten zu schreiben. Das bedeutet, drei handgeschriebene Seiten lang alles, was einem im Kopf herumgeht. Mal sehen, 7 Jahre mal 360 Tage mal 3 Seiten... das sind 7.560 Seiten, die ich geschrieben habe. Und das mache ich jeden Tag, ob ich Lust habe oder nicht.

Auf meinem Computer gibt es einen Ordner mit Anfängen und Ideen. Und dann habe ich vor etwa sechs Monaten mit dem Blog angefangen. Mehr Schreiben. (Und ihr wisst, dass ich nicht gerade zum "Ein-Satz-Blog-Eintrag" neige.) Ich habe allerdings nie etwas Fiktionales geschrieben. Das wird nächsten Monat mal was anderes. Aber ich leide nicht gerade an einem mangel an Vorstellungskraft, da bin ich sicher.

Also wird es vielleicht Zeit, mich auch Schreiberin zu nennen. Und mir für das Songschreiben eine Übungspraxis auszudenken, so wie ich das Schreiben von Geschichten geübt habe, ohne es zu merken.

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