Samstag, April 29, 2006

Von Mittelohrentzündung bis Brechdurchfall

Das kommt davon, wenn man sagt: "Mein Sohn ist fast nie krank." Er hatte nämlich immer nur so vier bis fünf Mal pro Jahr eine Erkältung. Und obwohl ich wusste, dass am Anfang alle Kindergartenkinder ständig Infektionen haben, hatte ich gehofft wir blieben davon verschont, weil er vorher schon in der Spielgruppe war und weil wir Lehrer sind, die viel Kontakt zu Kindern haben.

Tja, Hoffnung ist eine schöne Sache. Und er hatte auch erst etwa eine Infektion, seit er im Februar ein Kindergartenkind geworden ist. Seine Erkältung/Ohrenentzündung fing Ende Januar an. Und er hat sie immer noch. Jedes Mal, wenn wir denken: "Oh gut, es geht ihm langsam besser", geht es wieder von vorne los. Er ist jetzt seit Monaten praktisch taub.

Ich kann mir vorstellen, wie diejenigen von euch ohne Kinder freundlich nicken und dann auf Durchzug schalten. ("Dein Kind ist also krank. Na und? Gib ihm Tee, steck' ihn ins Bett und mach' normal weiter.") Nur Eltern wissen, was "Mein Sohn hat Mittelohrentzündung" wirklich bedeutet.

So eine Entzündung tut weh. Sehr. Wenn dein Baby, Kleinkind oder Kindergartenkind Schmerzen hat, leidest du auch. Zunächst, weil einer der Menschen, den du am meisten auf dieser Welt liebst, Schmerzen hat. Dann, weil diese Person nicht still vor sich hinleidet, damit du deinen Schönheitsschlaf nicht verpasst. Dein Kind will dann bei dir sein. Den ganzen Tag. Auf deinem Schoß. Duschen kann bedeuten, dass man einen heulende, fiebernden, unglücklichen Menschen vor der Badezimmertür lassen muss. Er wacht alle zwei Stunden auf. Er schläft in eurem Bett, seinen Kopf auf dem einen Kopfkissen, seine Füße auf dem anderen und wird es fertigbringen, die beiden erwachsenen Schläfer aus dem Bett zu schieben. Du wachst auf, auch wenn er schläft, um sicher zu gehen, dass er sich nicht abgedeckt hat. Du hast heftige Diskussionen mit dem anderen Elternteil, ob es okay ist, das Schmerzmittel überzudosieren. Mitten in der Nacht.

Während dein Kind dann seinen Tag damit verbringt, im Bett zu liegen und zu weinen: "Aber ich bin sooooo trauuuuuurig! Ich will in den Kindergarten!" musst du trotzdem arbeiten. Ohne Kinderbetreuung. (Danke, Schwiegermutter.) Und genau dann, wenn es ihm langsam besser geht - bekommst du die Erkältung.

Mein Mann hatte also die ganze letzte Woche irgendwas Grippiges. Er schätzte sich selbst als unterichtsuntauglich ein, aber wir sind selbstständig, also unterrichtete er trotzdem. Er hätte die Woche im Bett verbringen sollen, während ich ihm Tee koche...
Das Kind hatte die nächste Episode der Ohrenentzündung, komplett mit leichtem Fieber, Taubheit und schlechter Laune. Jeden Tag war unklar, ob er in den Kindergarten gehen kann, oder nicht. Er ging trotzdem, er wollte unbedingt und sein Fieber ging weg. Und was passierte dann? Direkt nachdem die Ärztin mir sagte: "Geben Sie ihm weiter seine Medizin und wenn alles gut läuft, müssen ihm nicht die Polypen entfernt werden."? Er bekommt zusätzlich Brechdurchfall.

Das war eine nette Nacht. Er wachte auf um: 1.30, 3.00, 4.30 und 6.00, um sich zu übergeben. Ich verbrachte ein bisschen Zeit damit, Erbrochenes aufzuwischen: von ihm, seinem Bett, dem Fußboden bis ins Badezimmer (Mein Tip: Niemals das Kind zum Klo tragen; hol' einen Eimer!), der Toilette und mir. Ab ins Bett, dann wieder von vorne. Glücklicherweise blieb der Teddy verschont. Der Teddy ist wesentlich für erfolgreichen Schlaf. Im Laufe der Nacht brauchte ich von Fest-schlafen-während-ich-ein-komisches-Geräusch-aus-dem-Babyphon-höre bis voller-Sprint-mit-dem-Eimer unter zwei Sekunden.
Mein Mann schlief übrigens einen durch Husten sehr gestörten Schlaf im Gästezimmer. Er wollte meinen Schlaf nicht beeinträchtigen. Aber ich habe ihn nicht aufgeweckt. (Man beachte den Heiligenschein über meinem Haupt.)

So wird es Freitag, und wir haben ein Problem. Wir müssen beide unterrichten und meine Schwiegermutter besucht eine Freundin. Zu weit weg, um sie zurück zu beordern. Mein Mann fühlt sich nicht so besonders (wegen der Erkältung), und ich fühle mich langsam auch ein bisschen komisch. Zuerst habe ich gedacht, es läge am Schlafmangel und an der durch die nächtlichen Episoden verursachten Übelkeit, aber nein - ich habe auch Brechdurchfall. Aber nicht so schlimm.

Also haben wir unsere Schüler unterrichtet, während wir krank waren und mit dem Kind. Nicht die beste Lösung, aber schließlich muss es ja auch Vorteile haben, selbstständig zu sein. Wir hatten Glück, das Kind saß zwei Stunden lang auf meinem Schoß, ich hatte nur Klavier-, aber keine Gesangsschüler, und unsere letzten beiden Schüler kamen erst gar nicht.

Heute fühlen wir uns schon viel besser. Danke für das Lesen dieses Gejammers. Ich werde jetzt Fencheltee und Zwieback holen gehen.
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