Montag, Januar 22, 2007

Schlaf

Wenn man danach geht, wie sehr mich in letzter Zeit nach Schlaf verlangt, könnte man denken, ich hätte entweder ein sechs Monate altes Baby im Haus oder Schlafstörungen. Keines von beidem stimmt. Ich bin nicht ganz sicher, aber es könnte sein, dass jeder einzelne Tagebucheintrag der letzten, äh, vier Jahre mit den Worten "Ich bin so müde." beginnt. (Papier-Tagebuch, nicht Online-Dings, Blog) Vielleicht ist das jetzt an die Stelle meiner Besessenheit mit dem Thema Essen und Sich-fett-fühlen getreten, wer weiß. Vielleicht, und dieser Gedanke kommt mir gerade tatsächlich zum ersten Mal, stammt das Problem, das ich mit Schlaf habe, aus derselben Quelle wie meine frühere Essstörung.

Also. Schlaf. Nur daran zu denken. Die Welt um sich herum vergessen, ausruhen, träumen, sich unter warme Federbetten kuscheln. Glück. Warum also schlafe ich nie genug? Ich könnte meinem Sohn die Schuld geben; das wäre leicht. Und jahrelang war er tatsächlich der Grund für meinen Schlafmangel. Aber etwa seit seinem zweiten Geburtstag schläft er fantastisch mit kleinen Störungen nur, wenn er krank ist. Und aus uns völlig unerfindlichen Gründen wacht er samstags regelmäßig eine Stunde früher auf als sonst. Aber da ich auch schon von Kindern gehört habe, die jeden Tag um halb sechs aufwachen, sage ich nichts gegen ihn.

Mit dem Schlaf selber habe ich tatsächlich überhaupt kein Problem. Wenn ich das Gefühl habe, mich ewig hin und her gewälzt zu haben, bevor ich einschlafen konnte, informiert mich mein Mann (der offizielle Hin- und Her-Wälzer in unserer Familie), dass es nur etwa fünf Minuten gedauert hat, bis ich zu schnarchen angefangen habe. (Und ja, ich schnarche häufig, ich habe eine Schimmelpilz-Allergie und deswegen eine permanente Rotznase.) Nein, wenn ich im Bett bin, ist alles in Ordnung. Ich bin die Art Schläfer, die nach einer Gewitternacht morgens ausgeruht aufwacht und wenn jemand fragt: "War das nicht ein schreckliches Gewitter letzte Nacht?" antwortet: "Welches Gewitter?" Ich stamme von einer langen Reihe von Leuten ab, die schlafen wie Steine, meine Eltern sind dafür bekannt, dass sie von nichts aufwachen. Ich bette meinen Kopf auf das Kissen und das war's bis zum Morgen. Wenn ich eine besonders unruhige Nacht habe, dann wache ich vielleicht auf und schaue auf die Uhr, oder gehe eventuell auf die Toilette. Dann gehe ich wieder zurück und schlafe weiter. Das ist eine sehr nützliche Gabe. Besonders, wenn man ein krankes Kind hat. Aufwachen, sich um das kranke Kind kümmern, wieder ins Bett gehen, einschlafen. Ad infinitum. (Hey, das hätte ich auf die Frage nach dem verborgenen Talent in meinem letzten Post antworten sollen. Die Fähigkeit, unter allen Umständen zu schlafen.) Früher konnte ich sogar inmitten von Leuten, Licht und Lärm schlafen, aber das ist eine der Fähigkeiten, die ich mit zunehmendem Alter verloren habe.

Die Zeit, in der der Schlaf besonders kostbar war, war natürlich die, als mein Sohn ein kleines Baby war. Als er geboren wurde dachte ich so bei mir, wie erstaunlich gut ich doch mit dem Schlafmangel zurechtkäme. Ich brauche viel Schlaf und hatte große Angst davor, ständig übermüdet zu sein wenn ich ein Kind bekommen würde. Tja, der echte Schlafmangel kam dann etwas später. Als ich drei Tage pro Woche arbeitete, ihn immer noch rund um die Uhr stillte und dann, als er acht Monate alt war, setzte auch noch das Zahnen ein und er weckte mich jede Stunde, um mich als menschlichen Schnuller zu benutzen. Sehr spaßig. An dem Punkt war ich so müde, dass ich einnickte, wenn mein Mann im Gespräch eine Pause machte, um Luft zu holen.

Aber das ist lange vorbei, wir behandelten es damit, dass Papa für zwei Wochen Nachtdienst mit der Teeflasche schob; Mama schlief derweil im Gästezimmer (Schallgedämmter Anbau! Hurra!) und musste erst um 5 Uhr morgens wieder ran. Danach hätte ich genug schlafen können. Das tat ich indess nicht. Was ich tue, ist Folgendes:

Ich bin den ganzen Tag müde und äußere in regelmäßigen Abständen: "Ich bin so müde, ich bin so müde! Aber heute mache ich bestimmt einen Mittagsschlaf." Bis es Zeit für den Mittagsschlaf ist und ich irgendetwas Wichtiges zu tun finde, wie Blogs lesen. Das tue ich dann, bis meine freie Zeit vorbei ist, verbringe den restlichen Tag mit glasigen Augen und verkünde etwa alle halbe Stunde ernsthaft: "Aber heute gehe ich ganz bestimmt pünktlich ins Bett!". Nachdem ich meinen Sohn sehr langsam ins Bett gebracht habe, weil ich so müde bin, gehe ich in mein Zimmer, spiele ein bisschen Klavier oder Gitarre, schaue eine Folge "Buffy" oder zwei, unterhalte mich mit meinem Mann, sage aufrichtig: "Natürlich gehe ich heute rechtzeitig ins Bett!", zappe rum, schaue irgendeine blödsinnige Doku über Playboy-Bunnies oder sowas, stehe um 11 von der Couch auf, gehe eine halbe Stunde später ins Bett und schlafe, bis mein Wecker um Viertel vor sieben klingelt. Und dann alles von vorne.

Jetzt könne man sagen, was beschwert sie sich denn, wenn ich sie richtig verstanden habe, schläft sie ganze 7 1/2 Stunden. Und heutzutage ist jeder und seine Großmutter davon überzeugt, dass sechs Stunden genug und sieben Stunden Schlaf viel sind. Ich dagegen brauche mindestens 8 1/2 , besser 9; Stunden Schlaf um mich wohl zu fühlen und ein funktionierendes Gehirn zu haben. Und nach allem, was ich höre und lese, bin ich damit nicht allein. Eine Freundin sagte letztens zu mir: "Ich weiß auch nicht, ich bin so müde und dabei schlafe ich doch jede Nacht sechs Stunden." Pff! Ich habe ein Buch (ein gutes Buch) "Outsmarting Female Fatigue: Eight Energizing Strategies for Lifelong Vitality" (Debra Waterhouse) in dem steht, dass die meisten Frauen im Durchschnitt 8 1/2 Stunden Schlaf brauchen. Und dass alles zwischen 4 und 11 Stunden normal ist. Das heißt nicht, dass es normal ist, vier Stunden zu schlafen, das heißt, es kann normal sein für dich. Aber wenn du müde, schlecht gelaunt, immer hungrig und vergesslich bist und regelmäßig vor dem Fernseher einschläfst, dann brauchst du vielleicht mehr Schlaf. Und vielleicht bist du jemand, der 11 Stunden am Tag braucht. Schon mal darüber nachgedacht? Sehr unpraktisch, aber man kann nichts dagegen machen. Wenn man nicht genug schläft, ist man müde.

Genau das versuche ich meinem Sohn beizubringen. Wenn man müde ist, kann man so viel essen, wie man will, es hilft nicht. Nur Schlafen hilft. Seit ich ein Kind habe, weiß ich übrigens warum Leute sich überessen, wenn sie müde sind. Müde Babys werden in den Schlaf gestillt. Essen ist hier also für alles gleichzeitig gut: Gesellschaft, Knuddeln, Essen und besser einschlafen kann man damit auch. Als er etwa ein Jahr alt war, hat er manchmal buchstäblich versucht, sich in den Schlaf zu essen. Nickte kauend ein. Stopfte enorme Mengen Essen in seinen kleinen Mund. Da habe ich dann auf einmal gesehen, warum ich ständig esse, wenn ich müde bin. Und dann esse ich in solchen Zeiten auch noch gerne mehr Zucker, weil man dann zusätzlich noch diesen Zuckerschub bekommt.

Ich bin ein bisschen älter als ein Jahr, ich sollte es besser wissen. Ich weiß es auch besser, ich tue es bloß nicht. Also gebe ich mir einen Sticker für jeden Abend, an dem ich vor elf im Bett bin. Seit drei Jahren. Drei Jahre! Ich fühle mich ein bisschen albern. Äh, nicht nur ein bisschen. Ich habe ein paar Tricks erfunden. Ich schminke mich ab und creme mich ein, wenn ich meinen Sohn ins Bett gebracht habe. Ich ziehe meinen Schlafanzug an, bevor ich meine Serie schaue. Ich habe meinen PDA programmiert, so dass er piept, wenn ich ins Bett muss. Ich habe meinen Mann gebeten, mich bitte daran zu erinnern, dass es Zeit ist. Und für jeden Abend, an dem ich triumphierend vor elf ins Bett gekrochen bin, gibt es zwei, an denen ich nur ein bisschen länger geblieben bin und dann eine halbe Stunde später ins Bett gegangen bin. Oder zwei Stunden.

Ich fürchte, ich muss mal meine Prioritäten klären. Schlaf. Ist. Sehr. Wichtig.

Oder wie ich meinem Sohn ständig erkläre: Wenn man müde ist, macht auch das Spielen keinen Spaß.

Los, ich lade euch auf eine Runde Mittagsschlaf ein.

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